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Thüringenweite

Sonderaufgabe

Der Schutz heimischer Amphibien und Reptilien ist einer unserer besonderen Schwerpunkte und im Tätigkeitsbereich der Station als thüringenweite Sonderaufgabe angesiedelt. In diesen beiden Artengruppen ist der Anteil bestandsgefährdeter Arten höher als in jeder anderen in Deutschland. Um deren Bestände zu erhalten initiieren und realisieren wir in diesem Bereich vielfältige Projekte. Dazu gehören beispielsweise die Renaturierung von aquatischen Lebensräumen und Optimierung von Landlebensräumen. Wir setzen uns jedoch auch für die Habitatvernetzung durch Anlegen von Trittsteinbiotopen ein – eines der Kernthemen des Natura 2000-Konzepts. Zu den Zielarten gehören hier primär die Arten der Anhänge II & IV der FFH-Richtlinie wie Kreuzkröte, Gelbbauchunke, Kammmolch und Zauneidechse. Einen Überblick über unsere regionalen Projekte erhalten Sie hier.

Durch von der Station und Sonderaufgabe initiierte Projekte werden außerdem beispielsweise Betreiber und Eigentümer wertvoller Lebensräume auf z. B. Bergbau- und Trassenflächen zu naturschutzfachlichen Wirtschaftsweisen beraten. Weiterführende Informationen zu diesen und weiteren größeren Projekten, getragen durch die NfGA, finden Sie hier.

Zu unseren Schützlingen gehören beispielsweise:

Gewässeranlage in unterschiedlichster Größe und Ausführung für Arten mit verschiedensten Ansprüchen:

Amphibien

In der in Deutschland 21 Arten umfassende und allgemein stark bedrohten Gruppe der Amphibien, auch als Lurche bezeichnet, werden allgemeinläufig Salamander, Molche, Unken, Kröten und Frösche unterschieden. Weltweit werden sogar mehr als 7000 Arten gezählt.

Die meisten Amphibienarten verbringen zunächst als Ei und dann im Larvenstadium den Anfang ihres Lebens im Wasser. Nach der Metamorphose, einer Umwandlung in der sich das erwachsene Tier in Aussehen und Lebensweise von der Larve unterscheidet, gehen sie schließlich zum Leben an Land über.

Um sich vor Fressfeinden zu schützen, und auch um Wasserverluste über die empfindliche Haut gering zu halten, sind viele Amphibien nachtaktiv. Ihre dünne Haut ist nicht nur wasserdurchlässig, sondern auch sehr anfällig gegenüber der Aufnahme von Chemikalien, außerdem sind sie in der Lage durch ihre Haut Sauerstoff aufzunehmen, also zu atmen. Im Allgemeinen lassen sich Frösche durch ihre glatte, oft eher schleimige Haut grob von ihren Artgenossen den Kröten, mit einer eher warzigen, trockener anscheinenden Haut unterscheiden. Durch besonders dehnbare Hautpartien erzeugen viele Amphibien mit ihren Schallblasen die charakteristischen Laute in der Paarungszeit, welche von einem leisen „uh-uh-uh“, über das allgemein bekannte „Quaken“, bis hin zu einem weit hörbaren Trillern reichen. Mit ihren Hautdrüsen können Amphibien überdies Hautgifte absondern, die sie zum Teil unappetitlich für Fressfeinde machen. 

Amphibien nehmen trotzdem eine wichtige Rolle im Nahrungsgefüge ein. So sind sie beispielsweise im Frühjahr eine der wichtigsten ersten Nahrungsquellen für viele Prädatoren nach einem zehrenden langen Winter, wenn die Reserven für die bevorstehende Jungenaufzucht wieder aufgefüllt werden müssen.

Durch das „amphibische“ Doppelleben sind Lurche zweifach gefährdet. Um zu überleben und sich fortzupflanzen benötigt jede Art ein oft speziell angepasstes Gefüge aus Wasser- und Landlebensraum. Der Wasserlebensraum dient dabei meist überwiegend als Fortpflanzungsgewässer im Frühjahr/Sommer, während der Landlebensraum Überwinterungsstrukturen und auch Wanderkorridore bieten muss. Durch den großräumigen Verlust dieser Lebensräume oder eines Teils davon und zahlreicher weiterer Einflussfaktoren ist die Hälfte der in Deutschland beheimateten Amphibienarten in ihrem Bestand gefährdet. Aktuell sind selbst bei weniger speziell angepassten „Allerweltsarten“ besorgniserregende Bestandseinbrüche zu beobachten. Seit 1980 stehen alle europäischen Lurche unter Artenschutz. 

Viele Amphibienarten und deren Fortbestehen sind unmittelbar von Natur- und Artenschutzmaßnahmen abhängig. Die meisten davon kommen heute allenfalls in Ersatzhabitaten vor, welche oft nur noch wenig mit ihren natürlichen Lebensräumen zu tun haben. Diese liegen außerdem maßgeblich außerhalb der Schutzgebietskulisse des FFH-Netzwerks.

Daher setzen wir uns im Rahmen von kleinen und großen Förderprojekten in ganz Thüringen für den Schutz dieser Artengruppe ein.

Amphibienschutz an Straßen

MOBILE AMPIHBIENZÄUNE

Jedes Jahr wandern tausende Amphibien ca. ab März (Faustregel: nachts > 4°C und feucht) von ihren terrestrischen Winterquartieren zur Fortpflanzung in ihre Laichgewässer, und ein paar Monate später bis in den Herbst hinein wieder zurück. Hier handelt es sich um Arten wie die noch sehr häufig vertretene und bekannte Erdkröte, aber auch um den streng geschützten Kammmolch. Dabei müssen diese oft Straßen überqueren, die ihnen dann allzu häufig zum Verhängnis werden. Um diesem Faktor des voranschreitenden Amphibienrückgangs entgegenzuwirken, können stationäre Amphibienleiteinrichtungen z.B. bei Straßenneubauten eingeplant werden. Häufig kümmern sich jedoch regionale Akteure, Vereine und Privatpersonen um den Aufbau und die Betreuung von mobilen Amphibienzäunen. Diese können durch das Land über das NALAP-Förderprogramm beim Thüringer Landesamt (TLUBN) beantragt und damit finanziell unterstützt werden (siehe unten). 

Beratend und koordinierend tätig werden hier die unteren Naturschutzbehörden der Landratsämter sowie die regionalen Natura 2000-Stationen tätig. Bei Fragen und Problemen können Sie sich jedoch auch gerne an uns als überregionalen Akteur wenden.

ACHTUNG 
Molche laufen je nach Witterung häufig bereits ab Anfang/Mitte Februar über die Straßen, während beispielsweise Knoblauchkröten ihre Hauptwanderzeit noch bis Mitte/Ende Mai haben können. Bitte achten Sie bei der Betreuung Ihres Amphibienzauns auf die Artvorkommen bei sich vor Ort und nicht nur auf die gut sichtbare Massenwanderung der Erdkröten im März und April. Nur so können wir auch die besonderen Arten vor dem Straßentod bewahren und deren Vorkommen erhalten.

PRAXISTIP I
Durch die immer schlechter vorhersehbare Frühjahrswitterung, mit zum Teil feuchtwarmen Perioden und bis zu 15°C bereits Mitte Februar und erneut anhaltenden Minusgraden bis Ende März macht die Entscheidung des richtigen Zeitpunkts zum Stellen des mobilen Amphibienzauns zu einer großen Herausforderung. Ein zu früh gestellter Zaun erfordert unnötig viel Aufwand der täglichen Betreuung für ehrenamtliche Helfer und ein zu spät gestellter Zaun kann für hunderte sich bereits auf Wanderschaft befindliche Amphibien zum Verhängnis auf der Straße werden. Stellen Sie daher den Zaun ohne Eimer bereits entspannt Anfang/Mitte Februar, sobald es der Boden erlaubt. Entdecken Sie die ersten bedeutenden wandernden Tiere, oder kündigt die Witterung eine baldige Wanderung an, graben Sie jeweils am Anfang und am Ende des Zauns einen Eimer ein und beginnen jetzt mit der täglichen Kontrolle. Die restlichen Eimer können nun auch noch in den folgenden Tagen eingegraben werden, sobald Ihre aktiven Helfer Zeit haben.

PRAXISTIP II
Wenn Sie Ihren Amphibienzaun sehr lange stehen lassen wollen oder müssen, ist es ratsam auch auf der anderen Seite des Zauns Fangeimer in größeren Abständen einzugraben. So können Tiere die schon früh angewandert sind, sich bereits auf der Rückwanderung befinden und an Ihrem Zaun verwirrt wieder auf die Straße umdrehen, abgefangen und ebenfalls sicher über den Zaun gesetzt werden.

 

STATIONÄRE AMPHIBIENLEITANLAGEN & QUERUNGSHILFEN

Neben den mobilen Schutzanlagen, welche häufig auf ehrenamtliche Betreuer angewiesen sind, sollten Straßen an bedeutenden Amphibienquerungsstellen mit stationären Leitanlagen und Durchlässen ausgestattet werden. Bei einem grundhaften Ausbau der Straße ist der Einbau solcher Anlagen für den Straßenbaulastträger verpflichtend.

Im technischen Regelwerk der FGSV sind die Anforderungen benannt, die eingehalten werden müssen, um die Funktionsfähigkeit der Querungshilfen sicherzustellen. Das Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (M AQ) aus dem Jahr 2022 und die dazu ergänzenden Erläuterungen ersetzen das heute veraltete Merkblatt zum Amphibienschutz an Straßen (MAmS). Da jedes Gelände und Artvorkommen jedoch einzigartig ist, empfehlen wir bei der Ausführungsplanung außerdem das Hinzuziehen eines Amphibienexperten. Wenn solche Anlagen aus Sicht des Straßenbaus und nicht aus Sicht der Tiere geplant und gebaut werden kommt es häufig vor, dass die Einrichtungen nicht angenommen werden und damit nicht funktionstüchtig sind. 

Reptilien

Reptilien unterschieden sich über mehrere Merkmale von der oft im gleichen Atemzug genannten Artengruppe, der Amphibien. Zunächst besitzen Reptilien, im Vergleich zur dünnen, feuchten Haut der Amphibien, eine trockene, mit Schuppen, Hornplatten oder einem Panzer überzogene Oberfläche. Diese schützt sie vor Verdunstung. Während Amphibien im Laufe ihres Lebens immer auch von einem Wasserlebensraum abhängig sind, sind die meisten Reptilien dadurch nicht daran gebunden. Die Eiablage von Amphibien findet meist im Wasser statt, die der Reptilien erfolgt jedoch ausschließlich an Land. Dies gilt selbst für Meeresschildkröten, welche sich sonst wieder vollständig an das Leben im Wasser angepasst haben. Neben der Tatsache, dass beide Artengruppen zu den am meisten bedrohten Deutschlands zählen, haben sie jedoch auch eine weitere Gemeinsamkeit. Obwohl man bei Amphibien selten eine intakte Häutung findet, wird bei Amphibien wie auch Reptilien die Oberhaut von Zeit zu Zeit erneuert.

In der Gruppe der Reptilien wird zunächst zwischen Schildkröten, Echsen und Schlangen unterschieden. Ursprünglich besitzen alle Reptilien Vorder- und Hinterbeine, diese haben sich jedoch bei den zu den Echsen gehörenden Schleichen stark zurückgebildet und sind bei den Schlangen gar nicht mehr vorhanden.

Reptilien sind allesamt wechselwarm. Damit weisen sie keine konstante Körpertemperatur auf und sind stark von ihrer Umgebungstemperatur abhängig. Durch diese Eigenschaft haben Reptilien im Allgemeinen oft ein starkes Wärmebedürfnis und sind neben geeigneten Überwinterungsstrukturen und Eiablageplätzen maßgeblich von geeigneten „Sonnenbadeplätzen“ abhängig, die sie in den Anfängen des Jahres und Tages auf Touren bringen. Kälte zwingt die „Kinder der Sonne“ dementsprechend zur Winterruhe. 

Knapp 70%

der in Deutschland beheimateten Reptilienarten sind in ihrem Bestand gefährdet.

Viele dieser Arten sind unmittelbar von Natur- und Artenschutzmaßnahmen abhängig. Gerade Übergangslebensräume wie Säume, welche einen Wechsel zwischen Sonne und Schatten bieten und damit das Aufsuchen optimaler Wärmeverhältnisse ermöglichen sind heutzutage rar gesät in der ausgeräumten und auf optimalen Ertrag und Nutzen ausgerichteten Landschaft. Artenschutzmaßnahmen basieren daher häufig auf der Schaffung und dem Erhalt artangepasster strukturreicher Landschaften, beispielsweise Waldsäume und wenig oder ungenutzte Brachflächen, welche meist auch vielen anderen Artengruppen zu Gute kommen. Neben geeigneten Lebensräumen fehlt den Reptilien jedoch auch oft eine ausreichende Nahrungsgrundlage. Des Weiteren schürten die kleinen Drachen und Schlangen jedoch häufig Angst, wodurch sie vielerorts verfolgt wurden. Von den sechs in Thüringen beheimateten Reptilienarten sind fünf vollkommen harmlos für den Menschen. 

Allein der Biss der Kreuzotter ist für uns giftig, jedoch nur bei Allergikern oder sonstigen Extremfällen bedrohlich. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Art sehr scheu ist und bei Gefahr sofort flüchtet, insofern es ihre Körpertemperatur zulässt. Seit 1980 sind alle Reptilienarten durch stark zurückgegangene Bestände unter besonderen Schutz gestellt. Bei einer Begegnung empfiehlt es sich das Tier auf Abstand in Ruhe zu beobachten.