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Aktuelles

Am 17. Juni hat das EU-Parlament mit einer knappen Mehrheit das „Gesetz zur Wiederherstellung der Natur“ (nature restoration law) verabschiedet. Inhalt des Gesetzes sind umfassende Zielvorgaben um bis 2030 mindestens 20% der EU-weiten Land- und Seelebensräume wiederherzustellen. Die Verabschiedung des Gesetzes hing lange in der Schwebe und auch jetzt noch könnte es nachträglich gekippt werden.

 

Was beinhaltet das Gesetz?

Die EU-Mitgliedsstaaten sind durch das neue Gesetz verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung von natürlichen Lebensräumen zu ergreifen. Dabei haben Natura 2000 Flächen zunächst Vorrang. Von den Habitaten in schlechtem Zustand (etwa 4 von 5) sollen bis 2030 20% wiederhergestellt werden. Bis 2040 sollen es 60% und bis 2050 ganze 90% sein.

Einige Lebensräume und Artengruppen werden sogar explizit erwähnt. So sollen beispielsweise Moore wiedervernässt, EU-weit 25000 km an freifließenden Flüssen (ohne Querbauwerke wie Staudämme) geschaffen und der drastische Rückgang an Bestäubern bis 2030 umgekehrt werden.

In der Landwirtschaft sollen die Zahl der Grünlandschmetterlinge, der Anteil organischen Kohlenstoffs in mineralischen Ackerböden und der Anteil landwirtschaftlicher Flächen mit hoher Artenvielfalt erhöht werden. Die Populationen von Waldvogelarten sollen gestärkt und der Nettoverlust an städtischen Grünflächen verhindert werden.

Um all diese Ziele zu erreichen, sollen die Mitgliedsstaaten nationale Wiederherstellungspläne erstellen. Es gilt zudem eine Verpflichtung zum Monitoring des Fortschritts und zur Berichterstattung an die EU.

 

Was bedeutet das neue Gesetz?

In seiner Umfänglichkeit und den teils hohen Anforderungen an die Mitgliedsstaaten ist das nature restoration law ein starkes und notwendiges Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass eine Mehrheit des EU-Parlamentes die Dringlichkeit erkannt hat, mit der einige der schwerwiegendsten Probleme unserer Gegenwart und Zukunft angegangen werden müssen. Offiziellen Schätzungen zufolge sind etwa 80% der Lebensräume in der EU in einem schlechten Zustand, die Bestände wichtiger Bestäuber brechen zusammen und verbaute und eingeengte Fließgewässer begünstigen katastrophale Hochwasserereignisse.

Wie dringend eine Besserung dieser Zustände ist, zeigt der vergleichsweise kurze Zeitraum von 6 Jahren, nach denen erste Ergebnisse gefordert werden. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass einige Ziele des neuen Gesetzes bereits in anderen Gesetzen und Richtlinien auftauchen. So fordert beispielsweise die europäische Wasserrahmenrichtlinie einen „guten ökologischen Zustand“ von Oberflächengewässern bereits bis 2027. Teil davon ist auch der Rückbau von Querbauwerken und Wanderhindernissen. Und auch die FFH-Richtlinie fordert bereits Verbesserung des Zustandes der in ihren Anhängen aufgeführten Lebensräumen. Bei der Umsetzung dieser Richtlinien sind einige EU-Staaten, darunter auch Deutschland, allerdings bereits deutlich im Verzug.

Bei aller Brisanz und Dringlichkeit wird das neue Gesetz auch einige Herausforderungen mit sich bringen. So wird es wichtig sein Wege zu finden den zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu bewältigen und einen guten Umgang mit Landwirt:innen zu finden, die einen großen Anteil an der Erreichung der Vorgaben haben werden.

Für uns als Natura 2000-Station „Auen, Moore, Feuchtgebiete“ ist die Nachricht über die Verabschiedung des nature restoration law am Ende aber in erster Linie eine erfreuliche. Mit Mooren und Fließgewässern werden gleich zwei unserer Themenschwerpunkte explizit erwähnt und so Menschen und Organisationen, die sich für ihren Schutz einsetzen der Rücken gestärkt. Dass besonders nach 2030 auch verstärkt Lebensräume außerhalb von FFH-Gebieten wiederhergestellt werden sollen, ist eine großartige Chance für viele Amphibien, die es nicht in die FFH-Anhänge ‚geschafft‘ haben, deren Populationen aber dennoch rapide zurück gehen. Und auch für Feuchtwiesen, als komplexe und vielseitige Lebensräume in häufig landwirtschaftlicher Nutzung birgt die vom Gesetz geforderte erhöhte Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen ein enormes Potential.

 

Woran könnte das Gesetz noch scheitern?

Das nature restoration law wurde im Vorfeld lange diskutiert und seine Verabschiedung stand bis zum letzten Moment auf der Kippe. Besonders die christ-demokratische Fraktion des EU-Parlaments (EVP), sowie die rechten Fraktionen ID und ECR lehnten das Gesetz vehement ab.

Die abschließende Verabschiedung konnte nur durch das Votum der österreichischen Umweltministerin Gewessler (GRÜNE) erreicht werden. Damit stimmte sie allerdings konträr zum Wunsch des Koalitionspartners ÖVP. Diese hat bereits angekündigt eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof einreichen. Sollte diesem stattgegeben werden, müsste erneut über den Gesetzesentwurf abgestimmt werden.

 

 

Hier findet ihr die offizielle Presseerklärung des Europa-Parlaments (ENG) und die Originalfassung (ENG) des nature restoration law.

 

 

 

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